Aus Entwicklersicht ist GIMP 2.6 eine wichtige Version. Sie bringt Änderungen in der Benutzeroberfläche mit sich, die einige oft vorgetragene Klagen betreffen, und erste Schritte zur Integration von GEGL, der auf Graphen basierenden Bildbearbeitungsbibliothek, die am Ende höhere Farbtiefen und nicht-destruktive Bildbearbeitung bringen wird.
Benutzeroberfläche
Die Menüleiste des Werkzeugfensters wurde entfernt und mit dem Bildfenstermenü verschmolzen. Dafür wurde ein neues Fenster, das leere Bildfenster, eingeführt. Es enthält die Menüleiste und verhindert, dass sich das Programm beendet, wenn kein Bild geöffnet ist. Außerdem dient es als Ziel für Ziehen und Ablegen. Wenn das erste Bild geöffnet wird, wird das leere Bildfenster zu einem normalen Bildfenster, so wie Sie es gewohnt sind, und wenn das letzte Bild geschlossen wird, wird sein Bildfenster zum leeren Bildfenster.
Mit dem leeren Bildfenster als natürlichem Hauptfenster sind Werkzeugkasten und Docks nun Hilfsfenster statt Hauptfenster. Damit wird der Fenstermanager in die Lage versetzt, die GIMP-Fenster intelligenter zu verwalten. Insbesondere werden Werkzeugkasten und Docks nicht in der Taskleiste aufgeführt, und es wird sichergestellt, dass sie permanent auf der Arbeitsfläche sind.
Das Navigationsfenster macht es nun möglich,über die Bildgrenzen hinaus zu schwenken, so dass es ist jetzt kein Problem mehr ist, mit einem Pinsel am Rand eines Bildes zu arbeiten, das das ganze Fenster ausfüllt. Außerdem können Sie, wenn ein Werkzeugfenster das Bild bedeckt, das Bild schwenken, um die Teile, die vom Werkzeugfenster abgedeckt werden, anzusehen oder zu bearbeiten.
Das Menü „Dialog“ heißt nun „Fenster“.
Es gibt eine Liste der kürzlich geschlossenen Docks, um sie schnell wieder öffnen zu können.
Das Öffnen von Bildern, während eine GIMP-Instanz läuft, funktioniert unter Windows jetzt besser.
Sie können die Vergrößerungsstufe nun direkt in der Statusleiste eingeben.
Es ist jetzt möglich, eine Online-Hilfe statt des lokal installierten GIMP-Hilfe-Pakets zu verwenden.
Reiter können jetzt in Docks gesperrt werden, um ein versehentliches Verschieben zu verhindern.
Werkzeuge, Filter und Erweiterungen
Das Werkzeug „Freie Auswahl“ (Lasso) wurde verbessert und unterstützt jetzt polygonale Auswahlen. Es ist auch möglich, Freihandsegmente und polygonale Segmente zu kombinieren, bestehende Segmente zu ändern, Segmente auf bestimmte Winkel zu beschränken, und natürlich kann man auch die üblichen Auswahloperationen wie Hinzufügen und Abziehen anwenden. Insgesamt machen die Neuerungen das freie Auswahlwerkzeug überaus vielseitig, mächtig und dabei leicht zu benutzen.
Die Pinseldynamik verwendet eine Eingabedynamik wie Druck, Geschwindigkeit und Zufall, um Pinselparameter wie Deckkraft, Härte, Größe oder Farbe zu verändern. Jedes Malwerkzeug unterstützt Größe und Deckkraft, die meisten unterstützen noch mehr. Geschwindigkeit und Zufall sind mit einer Maus benutzbar. Der Füllhalter, der Geschwindigkeit schon früher unterstützte, wurde überarbeitet und behandelt geschwindigkeitsabhängiges Zeichnen jetzt sehr viel besser.
Pinseldynamik ermöglicht eine neue Fähigkeit beim Nachziehen eines Pfades. Es gibt nun ein Kontrollkästchen unter der „Malwerkzeug“-Auswahl, um Pinseldynamik zu emulieren, wenn Sie mit einem Malwerkzeug nachziehen. Das bedeutet, dass, wenn der Strich gezeichnet wird, Druck und Geschwindigkeit entlang des Pinselstrichs variieren. Der Druck startet bei Null, steigt auf 100% und fällt dann wieder auf Null. Die Geschwindigkeit steigt bis zum Ende des Pinselstrichs non Null auf Höchstgeschwindigkeit.
Neu ist ein umgebender Rahmen für das Textwerkzeug, mit automatischem Zeilenumbruch innerhalb des durch den Rahmen festgelegten Bereichs.
Griffbereiche für Rechteck-basierte Werkzeuge wie „Zuschneiden“ und „Rechteckige Auswahl“ werden bei zu kleinem Rechteck nach außen verlegt.
Bewegungseinschränkungen beim Werkzeug „Verschieben“.
Verbessertes ereignisabhängiges Glätten für die Malwerkzeuge.
Der Mittelpunkt einer rechteckigen Auswahl wird markiert und kann am Raster oder an Hilfslinien einrasten.
Das Malwerkzeug »Verschmieren« lässt sich skalieren.
Bei allen Farbwerkzeuge lassen sich die Einstellungen für Farbmodifikationen speichern und wieder abrufen.
Die Einstellungen des Werkzeugs Helligkeit/Kontrast können auf das Werkzeug Werte übertragen werden, die vom Werkzeug Werte lassen sich auf das Werkzeug Kurven übertragen.
Die Deckkraft der Transformationsvorschau lässt sich einstellen.
Das Plugin „Bildschirmfoto“ kann nun (mit Hilfe von Xfixes) den Mauszeiger mit erfassen.
Das Seitenverhältnis bei der rechteckigen Auswahl und beim Zuschneidewerkzeug wird in der Statuszeile angezeigt.
Das Werkzeug »Entsättigen« kann jetzt eine Vorschau direkt auf der Leinwand anzeigen.
Das Plugin „Flammen“ wurde um 22 Variationen erweitert.
Datenordner für Pinsel etc. werden rekursiv nach Dateien durchsucht.
Das alte PSD-Importieren-Plugin wurde durch eine neue Version mit erweiterten Fähigkeiten ersetzt, beispielsweise zum Lesen von ICC-Farbprofilen.
Diverse Ausgaben verwenden jetzt die Cairo-Bibliothek.
Unter der Haube
Beim Thema hoher Farbtiefe und nichtdestruktives Bearbeiten wurden wichtige Fortschritte erzielt. Die meisten Farboperationen in GIMP wurden auf die mächtige Graphen-basierte Bildbearbeitungsbibliothek GEGL [GEGL] portiert, damit wird die interne Bearbeitung mit 32-Bit-Gleitkommazahlen im linearen RGBA-Farbraum durchgeführt. Standardmäßig werden immer noch 8-Bit-Codepfade verwendet, aber ein interessierter Nutzer kann mit Farben / GEGL verwenden GEGL für Farboperationen einschalten.
Zusätzlich zur Portierung von Farboperationen nach GEGL wurde ein experimentelles Werkzeug »GEGL-Operationen« geschaffen, das Sie im Werkzeugmenü finden. Es ermöglicht Ihnen, GEGL-Operationen auf ein Bild anzuwenden, und präsentiert Ihnen Vorschauen auf der Leinwand. Die nachfolgende Abbildung zeigt dies für den Gaußschen Weichzeichner.
Viele Widgets wurden portiert, um zum Zeichnen die 2D-Grafikbibliothek »cairo« [CAIRO] zu verwenden. Sehen Sie sich diesen Vergleich an, der ein schönes Beispiel dafür ist, wie besser die Darstellung ausschaut.
Verschiedenes
Für Entwickler von Erweiterungen gibt es ebenfalls Grund zur Freude. Beispielsweise können Prozeduren nun im Fehlerfall eine detaillierte Beschreibung des Fehlers ausgeben, außerdem kann der Fehler an den Benutzer weitergeleitet werden.
GIMP 2.6 verfügt im übrigen auch über eine verbesserte Skriptfähigkeit. Insbesondere gibt es nun ein umfangreicheres API für die Erstellung und Bearbeitung von Textebenen. Eine Liste der neuen Symbole in GIMP 2.6 finden Sie hier: [GIMP-NEWSYM26].
Einige ältere Skripte konnten unter GIMP-2.4 nicht mehr verwendet werden. Diese Situation wurde nun verbessert, und mit GIMP-2.6 sollten auch 2.0- und 2.2-Skripte wieder laufen.
Soweit bekannt funktioniert der Werkzeugfenster-Hinweis bisher nur gut bei der Linux/GNOME-Arbeitsfläche und unter Windows ab der Version 2.6.1.
Leider ist das Textwerkzeug immer noch nicht optimal. Daher ist ein Ziel für die kommende Version 2.8, das Textwerkzeug weiter zu verbessern.
Falls Sie das GIMP-Paket selbst zusammenbauen und Ihre Plattform über keine GVfs-Unterstützung verfügt, müssen Sie explizit die Option --without-gvfs
beim Aufruf von configure angeben, ansonsten funktioniert das Öffnen entfernter Dateien nicht korrekt.